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Kosmologie

Klassische Kosmologie

Kosmologie beschäftigt sich mit der Entstehung und Entwicklung des Universums als Ganzem und hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einem der bedeutendsten Teilgebiete der Astronomie und Astrophysik entwickelt. Foto Basierend auf Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie, sind die kosmologischen Grundannahmen denkbar einfach. Es wird lediglich die Homogenität und Isotropie des Raumes gefordert. Mit anderen Worten, kein Punkt im Universum ist ausgezeichnet. Unter diesen Voraussetzungen vereinfachen sich die Einsteingleichungen zu Entwicklungsgleichungen für den zeitabhängigen Skalenfaktor, welcher die räumliche Ausdehnung des Universums beschreibt. Hiermit steht eine der wichtigsten kosmologischen Entdeckungen des letzten Jahrhunderts in direktem Zusammenhang; die beschleunigte Expansion des Universums, entdeckt durch Edwin Hubble. Ein weiterer wichtiger Grundpfeiler der klassischen Kosmologie ist die Beschreibung der Entstehung der ersten Elemente wie Wasserstoff, Helium oder Lithium. Sie sind die Grundbausteine zum Aufbau anderer astronomischer Objekte wie Sterne oder Galaxien.
Ein ganz entscheidender Meilenstein war die Entdeckung des schon vorher vorausgesagten kosmischen Mikrowellenhintergrundes durch Penzias und Wilson 1965. Seither haben viele Präzisionsexperimente wie COBE oder WMAP dieses Relikt aus den Tagen, in denen das Universum erstmals für Photonen durchlässig wurde, vermessen. Die winzigen Temperaturschwankungen um den berühmten Wert von 2,73 K spiegeln dabei die Entstehung der ersten Strukturen im Universum wider.

Moderne Kosmologie

Das derzeit gängige Modell, welches die Zusammensetzung und Entwicklung des Universums beschreibt, und in welches heute viele Kosmologen großes Vertrauen setzen, wird als das kosmologische Standardmodell oder technischer gesprochen als Lambda-CDM-Modell bezeichnet und sollte nicht mit dem Standardmodell der Teilchenphysik verwechselt werden. Foto Seiner Entwicklung gingen viele offene Fragen und ungelöste Probleme voraus. Zunächst legen viele Beobachtungen wie Rotationskurven in Galaxien, Röntgenbeobachtungen von Galaxienhaufen oder auch der Gravitationslinseneffekt nahe, dass nur etwa 20% der Materie im Universum aus uns bekannter Materie bestehen können. Der Rest muss aus einer bis jetzt unbekannten "dunklen" Materie bestehen, welche nicht leuchtet und noch nicht wirklich verstanden ist.
Weiter führen die Beobachtungen entfernter Supernovaexplosionen und des kosmischen Mikrowellenhintergrundes zu der Erkenntnis, dass etwa 75% des gesamten Energieinhaltes des Universums von etwas aufgebracht wird, dass wir noch weniger verstehen als dunkle Materie. In Anlehnung daran spricht man von dunkler Energie. Genau diese dunkle Energie wird heute auch für die beschuenigte Expansion des Universums verantwortlich gemacht. Mögliche Erklärungen für diese dunkle Energie gehen in verschiedene Richtungen. Von einer statischen kosmologischen Konstante, über dynamische skalare Felder, modifizierte Gravitationstheorien, hin zur Aufgabe der Homogenität des Universums auf großen Skalen.
Extrem kurze Zeit nach dem Urknall scheint es eine Phase von enorm schneller Expansion gegeben zu haben. Ein Produkt dieser als Inflation bezeichneten Epoche sind kleine, statistische Schwankungen in der zu Anfang als homogen angenommenen Dichteverteilung im Universum. Aus diesen primordialen Dichteschwankungen konnten sich dann die heute beobachteten Strukturen auf verschiedenen Größenskalen entwickeln. Foto

Kosmologie auf dem Prüfstand

Das Lambda-CDM Modell bietet heute einen eleganten und vielversprechenden Rahmen für die Kosmologie. Trotzdem muß es natürlich sehr sorgfätig mit Hilfe kosmologischer Beobachtungen getestet werden. Glücklicherweise gibt es viele, teilweise unabhängige, Möglichkeiten für diese Tests. Zunächst wäre da der kosmische Mikrowellenhintergrund mit den Fingerabdrücken des frü,hen Universums,der kurze Zeit nach dem Urknall entstanden ist. Viele Experimente wie WMAP oder der Planck Satellit können herangezogen werden, um kosmologische Modelle am beobachteten Leistungsspektrum des Mikrowellenhintergrunds zu testen.
Supernovae vom Typ Ia sind von nicht geringerer Bedeutung, v.a. seitdem es in den letzten Jahren große Fortschritte in der Reduktion der systematischen Fehler in den Beobachtungen gegeben hat. Zuverlässige Distanzbestimmungen zu diesen Standardkerzen sind nun möglich und können zur Eingrenzung kosmologischer Parameter genutzt werden.
Andere Methoden basieren direkt auf dem beobachteten Leistungsspektrum der Materie, wie z.B. die akustischen Schwingungen von Baryonen oder die Anzahl von Galaxienhaufen innerhalb bestimmter Rotverschiebungsintervalle. Zu guter Letzt gibt es noch den Gravitationslinseneffekt, welcher vielleicht den leistungsfähigsten kosmologischen Test darstellt, aber auch noch mit gewissen systematischen Fehlern zu kämpfen hat. Ein Meilenstein für kosmologische Beobachtung wird wohl der Start des Euclid Satelliten sein, welcher sich hauptsächlich auf baryonische Schwingungen und den kosmologischen Linseneffekt konzentrieren wird.

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Literatur

Wer an weiterführender Literatur zur Kosmologie interessiert ist, dem seien folgende Quellen empfohlen:

  • Scott Dodelson, Modern Cosmology, 2003 Academic Press
  • Steven Weinberg, Cosmology, 2008 Oxford University Press
  • Matthias Bartelmann, Vorlesungsskript zur Kosmologie, Universität Heidelberg
    [pdf]
Verantwortlich: Julian Merten, letzte Änderung am 24.10.2008 22:54 CEST
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