Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
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Forschung - Transport

Kosmische Strahlung besteht aus geladenen Teilchen, die von verschiedenen Quellen im Universum emittiert werden - von der Sonne bis zu weit entfernten Aktiven Galaxienkernen. Dabei die Teilchen, meist Elektronen oder Protonen, Energien von etlichen keV im solaren Bereich bis zu 1020 eV für extragalaktische Strahlung. Auf Grund der hohen Energie und der geringen Dichte des Hintergrunds interagieren diese Teilchen praktisch nicht durch Stöße, sondern nur durch Wechselwirkung mit magnetischen Störungen. Diese Störungen werden meist durch eine Turbulenztheorie beschrieben. Die Wechselwirkung der Teilchen selber wird durch die Transporttheorie beschrieben.

Eine analytische Beschreibung der Transporttheorie ist durch die nichtlineare Wechselwirkung extrem kompliziert und ist nur in bestimmten Grenzfällen erfolgreich. Eine sehr umfangreiche Darstellung findet sich im Buch "Cosmic Ray Astrophysics" von Reinhard Schlickeiser.
Ich habe analytische Theorien z.B. verwendet, um die Verteilung kosmischer Strahlung in elliptischen Galaxien zu beschreiben. ( Analytical view of diffusive and convective cosmic ray transport in elliptical galaxies (Hein and Spanier 2008 Astronomy and Astrophysics )). Wie kompliziert die Interaktion von Plasmawellen mit kosmischer Strahlung tatsächlich ist, lässt sich sehr schön am Paper Analytical treatment of particle motion in circularly polarized slab-mode wave fields (Schreiner, Vainio, and Spanier 2018 Journal of Plasma Physics ) illustrieren: Alleine der Beweis, dass die Interaktion einer einzelnen Welle mit einem einzigen Teilchen integrabel ist, füllt mehrere Seiten.

Ein numerischer Ansatz, Teilchentransport zu beschreiben ist der Testteilchenansatz: Der turbulente Hintergrund des interplanetaren oder interstellaren Mediums wird simuliert und in die resultierenden Magnetfelder werden Testteilchen gesetzt, deren Bewegung verfolgt wird. In frühen Arbeiten habe ich dazu kompressible MHD-Simulationen verwendet (Simulation of Charged Particle Diffusion in MHD plasmas (Spanier and Wisniewski 2011 Astrophysics and Space Sciences Transactions ), Diffusion of Energetic Particles in Turbulent Magnetohydrodynamic Plasmas (Wisniewski, Spanier, and Kissmann 2012 The Astrophysical Journal )). Allerdings ist es hier auf Grund der hohen numerischen Dissipation nicht möglich breite Wellenzahlbereich des Inertialbereichs der Turbulenz abzubilden.

Daher wurde später der GISMO-Code verwendet. Dort wird die Physik von Alfven-Wellen abgebildet, was in großen Teilen des interstellaren Mediums eine realistische Darstellung ist. Ein wichtiger Aspekt der Forschung dabei ist die Frage, wie sich der Transport von Teilchen ändert durch die von Teilchen selbstgenerierte Turbulenz ( Evolution of plasma turbulence excited with particle beams (Lange and Spanier 2012 Astronomy and Astrophysics ), Particle scattering in turbulent plasmas with amplified wave modes (Lange, Spanier \emph{et al.} 2013 Astronomy and Astrophysics )). Unter Turbulenz wird darauf eingegangen. Für den Teilchentransport hat sich insbesondere gezeigt, dass der Transport durch Pseudo-Alfven-Wellen die Diffusion von Teilchen, die sich senkrecht zum Magnetfeld bewegen, deutlich verändert.

Diffusionskoeffizient für Streuung an selbstgenerierter Turbulenz. Auffällig ist die Starke Streuung für senkrecht laufende Teilchen. Quelle:Particle scattering in turbulent plasmas with amplified wave modes (Lange, Spanier \emph{et al.} 2013 Astronomy and Astrophysics )

Neuere Forschung schließen den Transport an dispersiven Moden (hier Whistler-Moden) ein. Dies lässt sich mit einem MHD-Modell nicht mehr darstellen, deswegen wird ein Particle-in-Cell Code verwendet (Particle Scattering off of Right-Handed Dispersive Waves (Schreiner, Kilian, and Spanier 2017 The Astrophysical Journal )). Dies ist eine wichtige Vorarbeit, um den Teilchentransport in kinetischer Turbulenz zu simulieren (Wave-particle-interaction in kinetic plasmas (Schreiner and Spanier 2014 Computer Physics Communications )).

Ein zentrales Problem bei der Analyse von Testteilchemodellen ist, dass Streukoeffizienten eigentlich nur für die quasilineare Theorie wohldefiniert sind. In Testteilchen-Simulationen ändert sich aber Richtung und Impuls von Teilchen. Damit schwindet die Aussagekraft von Simulationen mit zunehmender Laufzeit. Gleichzeitig benötigt man lange Laufzeiten um konvergente Ergebnisse zu erzielen. Wir haben einen neuen Ansatz zur Analyse von Testteilchensimulationen entwickelt, der nicht mehr auf der Betrachtung von Einzelteilchen, sondern auf der zeitlichen Entwicklung von Verteilungsfunktionen fusst. (Determining Pitch-angle Diffusion Coefficients from Test Particle Simulations (Ivascenko, Lange, Spanier, and Vainio 2016 The Astrophysical Journal ))

Verantwortlich: Felix Spanier, letzte Änderung am 22.05.2021 14:38 CEST
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